Naturnahe Umgestaltung des Schulhofes Gymnasium Marienberg

Kurzporträt

Kontakt + Adresse: Gymnasium Marienberg, Schulstraße 7, D – 09496 Marienberg, www.gymnasium-marienberg.de (Schulträger Erzgebirgslandkreis)
Lage: Erzgebirgsregion (Mittelgebirge in Sachsen). Die Bergstadt Marienberg liegt auf einer Hochfläche nördlich des bewaldeten Erzgebirgskammes.
Baujahr / Bauzeit: Juni 2016 / Juni 2017
Umgestaltung oder Neuanlage: Umgestaltung
Planung: Silke Kaden (Fachbetrieb) mit teilweiser Nutzerbeteiligung.
Ausführung: Fachbetrieb, Nutzerbeteiligung, Verein Natura Miriquidica e.V., Baufirmen
Pflege: GTA-Angebot und neue 5. Schulklassen, Begleitung durch Fachbetrieb
Größe: Teil 1: 550 m2 (nördlicher Teil des Schulhofes), Teil 2: 970 m2 (westlicher Teil des Schulhofes)
Wildpflanzenarten: 165 Arten, 1027 Pflanzen
Wildpflanzensaatgut, Mischungen, Einzelarten: 784 g Mischungen und 240 g Einzelarten (Hof Berggarten GbR, Rieger-Hofmann GmbH)
Besonderheiten, Naturmaterialien: Recyclingmauern aus aufgenommenen Betonplatten, Findlinge, Hannoveraner Muschelkalkstein für freistehende Trockenmauer (Gehegebegrenzung), viel Totholz liegend und stehend, Naturschotter 0/32, Glensanda-Schotter 0/12, Nistmöglichkeiten für Tiere (Insektennisthilfen, Vogelnistkästen)

Naturnahe Gartengestaltung
Silke Kaden

Eichenweg 4
D – 09579 Grünhainichen/OT Waldkirchen
silke.kaden@satron.de
Fachbetrieb für Naturnahes Grün – Empfohlen von Bioland

Projektbeschreibung:

Zustand vor Umgestaltung
Das Schulaußengelände des Gymnasiums Marienberg gliedert sich in einen Schulin- nenhof und einen auf der Nordseite gelegenen Teil.
Bis zur naturnahen Umgestaltung, die sich auf 2 Jahre erstreckte, befanden sich beide Teile in einem desolaten Zustand – sehr große Pflasterflächen, keine Anreize für eine gute Pausen- und Freizeitgestaltung, keine Anreize für einen handlungsorientierten Unterricht. Der nördliche Pausenhof wurde nicht mehr benutzt.
Planungsphase
Bei der Entwicklung des Projektes zur naturnahen Umgestaltung der Schulhofteile waren zu Beginn im Herbst 2015 im Rahmen eines pädagogischen Tages alle Lehrer, alle Klassenschülersprecher und deren Stellvertreter sowie mehrere Elternvertreter der Schule beteiligt. Dabei wurde die Nutzung des Schulhofes als naturnahes Klassenzimmer in allen Fächern als Zielstellung gesetzt. Durch die Vorstellung des Projektes zur Umgestaltung und durch einen Vortrag der Planerin zum Thema Natur-Erlebnis-Schulhöfe konnte in der Gesamtschulkonferenz im September 2015 die Zustimmung aller Beteiligten eingeholt werden.
Die Gesamtprojektleitung/Planung wurde der Planerin durch den Schulträger, LRA Erzgebirgskreis, übertragen. Einzelne Planungspunkte zur Umsetzung wurden mit allen Beteiligten, d. h. dem Gymnasium, dem LRA, Babett Schreiter (Natura Miriquidica e.V.) sowie dem Holzgestalter erarbeitet.
Umgestaltung des Schulhofes 2016/2017
Beide Teile des Schulhofes wurden in jeweils einer Woche im Rahmen des Schulprojektes „Marienberger Kulturversuch“ im Juni 2016 und Juni 2017 in Nutzerbeteiligung umgestaltet.
Die Projektumsetzung erfolgte mit Schülern, einer Lehrerin, Babett Schreiter (Natura Miriquida e.V.) und der Planerin. Die Installation der Holzgeräte übernahm der ortsansässige Holzgestalter Carlo Wohlfahrt. Die Grobmodellierungsarbeiten erledigte eine regionale Firma, brachte einen Teil der Schüttgüter auf die vorbereiteten Flächen, nahm Teile vorhandener Pflasterflächen auf und war auch in der jeweiligen Projektwoche tätig.
Im Juni 2016 erfolgte zuerst die naturnahe Umgestaltung des Nordteils des Schulhofes. Es wurden verschiedene Rückzugsbereiche für die Schüler geschaffen. Das vorhandene Atrium wurde erhalten, teilweise entsiegelt und mit duftenden Wildkräutern eingesäumt. Von da aus blickt man nun auf ein neu entstandenes Feuchtbiotop, welches Lebensraum für Wasserpflanzen und viele Tiere bietet. Am Ufer gesetzte Kopfweiden laden zum Verweilen im Schatten ein. Weitere Sitz- und auch Klettermög- lichkeiten bieten Lümmelbänke und ein kleiner Kletterparcours aus Robinienholz. Im gesamten Gelände sind Rasenflächen einheimischen Wildpflanzen gewichen. Natursteinmauern und Baumstämme dienen als Begrenzung der neuen, vielfältigen Wildpflanzenbereiche und strukturieren das neue Außengelände.
Auch bei der naturnahen Umgestaltung im Juni 2017 wurde die vorhandene Struktur des Geländes beachtet und in die Gestaltung einbezogen. Ein Teil der vorhandenen Pflasterflächen wurde von den Schülern entsiegelt. Die Schüler bauten wie bereits im Jahr zuvor kleine Natursteinmauern um die entstehenden Wildpflanzenflächen. Sie brachten mit Schubkarren verschiedene Schüttgüter wie Rohkies, Schotter, Wegedeckenmaterial, Kompost ein. Es wurden große Mengen Wildpflanzen und Wildgehölze gepflanzt, viele verschiedene Wildblumeneinsaaten eingebracht, einige Bereiche mit einem Blumen-Schotter-Rasen versehen. Für die Schüler laden nun verschiedene Lümmelbänke, Sitzbereiche aus Robinienholz zum Pausieren ein. Eine Quadrohängesitzschaukel und eine Pergola vervollstän- digen den neuen Schulhofteil.
Bei den Umgestaltungsarbeiten waren die Schülerinnen und Schüler nicht nur körperlich, sondern vor allem auch in ihrer sozialen Kompetenz gefordert. Dabei motivierten sich die Schüler gegenseitig und erfreuten sich täglich am Fortschritt der entstehenden Landschaft. Sie entwickelten allmählich ein Gefühl für gestalterische Aspekte, wie beim Bau der Natursteinmauern und dem Einpflanzen der Wildstauden und -sträucher.
Die Abnahme der Umgestaltungsmaßnah- men 2016/2017 erfolgte durch die DEKRA Chemnitz und durch Vertreter des LRA Erzgebirgskreis. Finanziert wurde das Projekt vom Landratsamt Erzgebirgskreis als Schulträger und durch den Förderverein des Gymnasiums Marienberg.
Jeweils am letzten Tag im Rahmen des „Marienberger Kulturversuches“ 2016/2017 wurden die neu entstandenen Flächen im Beisein aller Schüler des Gymnasiums Marienberg feierlich übergeben.
Resümee
Die bereits 2016 erfolgte Umgestaltung des Nordteils und die Umgestaltung des Innenhofes 2017 zum naturnahen Natur-Erlebnis-Schulhof folgen dem Konzept „Lebendiger Schulhof“ des Gymnasiums Marienberg. Lebendig, da die Schüler selbst zu Gestaltern werden, eigene Vorstellungen einbringen und zeigen können, was für Kräfte in ihnen stecken. Sie selbst sind die Nutzer des Schulhofes und schaffen sich einen individuellen Erlebnisraum, den es so nur an ihrer Schule gibt. Dadurch steigt das Engagement für den Erhalt und die Pflege der entstandenen Landschaft. Die Schüler fühlen sich in einer aktiven Verantwortung den Schulhof an sich, als auch den darin bestehenden Lebensraum für Pflanzen und Tiere zu schützen.
Lebendig werden die neuen Schulhofgelände: Statt tristen, leblosen Pflastersteinen und genormten Spielgeräten gibt es strukturreiche Erlebnis- und Ruhebereiche. Bunt blühende Wildpflanzenbereiche, Sitz- und Spielgelegenheiten aus heimischem Robinienholz sowie ein lebendiges Feuchtbiotop ermöglichen den Schülern das Erleben der heimischen Pflanzen- und Tierwelt. Sie finden einen Rückzugsraum in ihrem durchstrukturierten Tagesablauf, können sich erholen und in ihrer freien Zeit Sinneserfahrungen außerhalb der Schulräume sammeln.
In den Pausen bietet der Schulhof vor allem Erholungsraum. Die Schüler können sich im Freien bewegen und lösen sich aus der angestrengten Haltung an der Schulbank. Durch das Klettern und Balancieren auf den Holzkonstellationen und durch ein sehr höhenstrukturiertes Gelände werden motorische Fähigkeiten geschult. Neben den Möglichkeiten der Gestaltung eines kreativen Unterrichts, beispielsweise als Bühne für Theatersequenzen im Deutschunterricht, bietet der Schulhof Möglichkeiten zur außerunterrichtlichen Nutzung. Als Ort für Klassenveranstaltungen ist es ein Treffpunkt zum Erleben des Klassenverbandes während gemeinschaftlicher Aktivitäten.
Im Rahmen eines wöchentlichen Ganztagesangebotes findet die Weitergestaltung und Pflege der angelegten Flächen statt – gemeinsam mit Natura Miriquidica e.V. und der Planerin. Durch den Bau von Insektennisthilfen und die Weitergestaltung des Feuchtbiotops können die Schüler Insekten, Amphibien und andere Lebewesen in ihren natürlichen Lebensräumen beobachten und ökologische Aspekte dieser Biotope kennenlernen – die Wechselwirkungen der heimischen Flora und Fauna. Ab dem Schuljahr 2018/2019 erfolgt die Pflege im Herbst und Frühjahr durch die jeweiligen neuen 5. Klassen – begleitet durch Planerin und Natura Miriquidica e.V.
Umwelt und Ökologie
Der Schulhof leistet mit seiner Umgestaltung einen Beitrag zur Erhöhung der Biodiversität. Nachhaltige, naturnahe Lebensgemeinschaften etablieren sich im Gelände. Im gesamten Gelände stehen die Bedeutung der Einbringung heimischer Wildpflanzen und die Verwendung von regionalen, unbehandelten, schadstofffreien Baumaterialien im Mittelpunkt. Es wurden v.a. Wildpflanzen aus kontrolliert biologischem Anbau sowie zertifiziertes Saatgut für die Umgestaltung verwendet.
Der umgestaltete Schulhof bietet ein arten- und strukturreiches Schulgelände für Mensch, Pflanze und Tier.
Das Gymnasium Marienberg wurde 2018 mit seiner naturnahen Schulhofumgestaltung einer von 3 Landessiegern des Sächsischen Schulgartenwettbewerbs.