Von der Kläranlage zum Trockenstandort

Kurzporträt

Kontakt & Adresse: Ralf Gensicke, Daimler AG, Mercedes-Benz Werk Gaggenau, 76568 Gaggenau, ralf.gensicke@daimler.com

Trockenstandort
Lage: am Mitarbeiterparkplatz, frei zugänglich
Baujahr / Bauzeit: Planung 2011 durch Kerstin Gruber und Reinhard Witt, Bau 2012 durch Naturart. Regelmäßige Pflegeberatung durch Reinhard Witt
Größe: 1530 m2
Wildpflanzenarten: 2700 heimische Wildstauden
Wildpflanzensaatgut: 500 m2 Wildblumensäume, 2000 m2 Trockenstandorte mit Initialstauden
Baumaterialien / Ausstattungen: 40 Baumstämme liegend oder stehend, diverse Steinhaufen, 2 Eisvogelbrutröhren
Besondere Merkmale / Naturmaterialien: Wildblumensäume, Magerrasen, Trockenstandorte mit Sand, Holz und Steinen, Artenschutzbereiche speziell für Wildbienen und Zauneidechse

Blumenwiesen, Säume & Hecken
Baujahr / Bauzeit: Neuanlagen und Umgestaltungen ab 2014 durch Reinhard Witt, der auch die Pflegeberatung durchführt
Größe: über 10000 m2, 3150 m2 Wildobst-Wildblumensaumhecke, 542 m2 Wildblumenwiesen verschiedener Typen. Innerhalb des Werksareals liegen verschiedene Flächen.
Wildpflanzenarten: über 200 Stauden und Einzelarten, mehr als 54 Gehölzarten
Wildpflanzensaatgut: vorwiegend heimisches aus diversen Wildpflanzenquellen
Besondere Merkmale / Naturmater­ialien: Wildgehölzhecken mit Wildblumensäumen, Trockenstandorte. Magere, feuchte und fette Blumenwiesen

Gemeinschaftsprojekt von:

Dr. Reinhard Witt
Naturnaher Grünplaner
Rabenweg 18 A
D – 85356 Freising
E-Mail: reinhard@reinhard-witt.de
URL: www.reinhard-witt.de
Fachbetrieb für Naturnahes Grün – Empfohlen von Bioland

Freiraumplanung Kerstin Gruber
Kleinerlbacher Ortsstraße 32
91413 Neustadt a.d. Aisch
Festnetz: 09161 88350-12
E-Mail: kontakt@gruber-freiraumplanung.de
URL: www.gruber-freiraumplanung.de
Fachbetrieb für Naturnahes Grün – Empfohlen von Bioland

1 | Trockenstandort
Mit der Umgestaltung der komplett versiegelten Fläche einer ehemaligen Kläranlage startete Mercedes-Benz seine Aktivitäten im Betriebsteil Gaggenau, möglichst viele Flächen naturnah anzulegen. Dieses Projekt, maßgeblich initiiert vom Abteilungsleiter für Arbeitssicherheit und Umwelt- schutz Ralf Gensicke, erwies sich als große Chance für Mercedes-Benz, das Leitbild Natur ganz nach vorne zu bringen und damit landes- und bundes- weit Vorbildcharakter zu erlangen.
Die Umgebung bot einiges an Potential für die mögliche Förderung von Arten aus dem 111-Artenkorb des Landes Baden-Württemberg. Unter anderem wurden in der planerischen Zielstellung Eisvogel (akedo atthis), Distelfink (Carduelis carduelis), Zauneidechse (Lacerta agilis), Blaufügelige Ödlandschrecke (oedipoda caerule- scens) und einige Wildbienen genannt, um für diese Arten entsprechende Lebensbedingungen zu schaffen.
Nach dem Abriss des Gebäudes und Abbruch der Asphalt- und Betonflächen wurde eine möglichst strukturreiche Fläche mit Anhügelungen zur Schaffung von Höhen und Tiefen und mit Recyclingmaterial vom Abbruch sowie Schotter und Sanden verschiedener Körnungen modelliert. Die Flächen in der Mitte sind absolut mager gestal- tet, damit sie möglichst lange offen bleiben und so gute Lebensbedingungen für die wärmeliebenden Pflanzen- und Tierarten bieten. Hier wurden nur wenige Initialstau- den eingebracht und bewusst keine Ansaat vorgenommen. Randlich zur vorhandenen Gehölzkulisse sind Säume eingesät worden. Zahlreiche Totholzstrukturen sowohl stehend als auch liegend eingebracht komplettieren das Lebensraumangebot für vor allem Wildbienenarten. An der Abbruchkante zu einem Fließgewässer wurde durch Einbau von Nisthöhlen versucht, dem Eis- vogel ein Revier anzubieten.
Bereits 5 Jahre nach der Umgestaltung konnte diese Fläche als Biotop mit überregionaler Bedeutung bezeichnet werden. Einer Kartierung des NABU KV Rastatt zu- folge wurden 65 Wildbienenarten gefunden, darunter viele Rote-Liste-Vertreter. In- dem sonnige Strukturen, Winterverstecke und sandige Plätze zur Eiablage geschaffen wurden, sind zahlreiche Lebensräume für die gefährdete Zauneidechse entstanden, so dass diese tatsächlich gut angenommen werden und sich hier eine sehr stabile Population dieser Tierarten entwickeln konnte. Sogar der Eisvogel hat die angebotenen Niströhren angenommen.
Die Pflege der Flächen erfolgt regelmäßig durch interessierte Mitarbeiter des Werkes. Dabei werden die mittigen Flächen immer wieder freigehalten, damit der Charakter des Biotopes auch langfristig erhalten bleibt.
Im Mai 2013 erfolgte eine Prämierung des Projektes als UN-Dekade-Projekt und damit eine öffentliche Wertschätzung des Enga- gements für den Erhalt der Artenvielfalt. Eine wiederholte Prämierung dieses Projektes erfolgte im Juni 2015.

2 | Blumenwiesen, Wildblumensäume und Wildgehölzhecken Bei Daimler in Rastatt läuft seit 2011 eine konsequente Umgestaltung und auch Neuanlage aller möglichen Flächen zu naturnahem Gewerbegrün. Unter der Regie von Umweltschutzreferent Ralf Gensicke ent- standen beispielsweise allein im Jahr 2014 und 2015 über 4000 m2 neue Blumenwiesen und Wildblumensäume. Hier nur ein Blick auf die Maßnahmen 2014 und 2015.
2014: 3150 m2 Wildobst- Wildblumensaumhecke
Ein 450 m langer und 7 m breiter Streifen direkt am Werkszaun wurde in einen mageren Standort umgewandelt. Auf eine Lage von 20 cm Kies kamen 2 cm gütegesicherter Grünkompost, anschließend jede Menge Ansaaten. Zu Basismischungen wurden dutzende Einzelarten gesät, die das ganze bunt und lebendig machen. Zwischen den Wildblumensaaten stehen dann die Gehölze. 54 Arten von heimischen Wildgehölzen und essbarem Willdobst ergeben eine Pflanzung von außergewöhnlicher Vielfalt. Innerhalb kurzer Zeit blühte der Streifen am Werkszaun unglaublich bunt auf. Sehr bald kamen die dazugehörigen Besucher: Wildbienen, Hummeln, Schmetterlinge und vor allem jede Menge samenfressende Distelfinken.
2014: 542 m2 Wildblumenwiesen unterschiedlicher Typen
Hier wurden zwei große Flächen mit verschiedenen Methoden umgewandelt. Einmal als klassische Magerwiese mit reinem Kies, das zweite Mal als Oberbodenstandort, wo nur die Rasennarbe entfernt wurde. Beide Methoden erzeugten unterschiedlichen Bewuchs. So entsteht Biotopvielfalt in enger Verzahnung und Nachbarschaft.
2015: 485 m2 verschiedene Wildblumenwiesen
In anderen Bereichen zwischen den Produktionshallen entstanden weitere Anlagen, mal kleinere, mal größere Flächen. Alle diese neuen Flächen werden fachgerecht gepflegt.
Beflügelt durch das rundherum positive Feedback kommen jährlich weitere Flächen hinzu. Nach und nach entsteht ein Biotopmosaik im und rund ums Werksgelände, Stück für Stück Artenvielfalt. Das Prinzip Natur & Wirtschaft greift.